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Samstag, 22. Juni 2013

Phantasiereisen: Ein Ausflug in die englische Larp-Szene. Teil III: Das Event.

Richtig. Ich wollte eine vernünftige Blogserie über Larp in England machen und drücke mich Monate lang um den Abschlusspost: Ähem, keine gute Blogetikette, aber ich arbeite daran. Wie dem auch sei:

Meine Annahme hat sich zum Teil betätigt: Englisches LARP ist anders als deutsches. Was sich nicht bestätigt hat, ist, dass es weniger intensiv ist oder weniger Spaß macht. Ich hatte Momente, die mich beinahe zu Tränen gerührt haben, und ich habe jemand anderen zu Tränen gerührt. Ich hatte Gänsehaut-Momente und ich war ein oder zwei Mal ernsthaft sauer auf jemanden. So, wie es sich eben gehört. Aber der Reihe nach:

Wenn man in einer Stadt wohnt, in der niemand ein Auto hat oder braucht, gestaltet sich die Anreise ein wenig schwierig. Ich habe größten Respekt vor all jenen, die regelmäßig mit dem Zug zum Larp fahren. Ich kann nicht sagen, wie schwer mein Koffer war, aber ich glaube nicht, dass ich ihn hätte in ein Flugzeug mitnehmen dürfen. Phew. Vom Bahnhof zum Gelände zu kommen, gestaltete sich nicht wirklich als viel einfacher, denn die Shuttlebusse des Veranstalters sollten erst eine Stunde nach unserer Ankunft anfangen zu fahren... nun ja. Insgesamt hätte sich das ganze besser organisieren lassen, aber gut.

Das Gelände selber war... groß. Sehr groß. Allerdings bezieht sich das vor allem auf den Outtime-Bereich der ganzen Sache, denn: Im englischen Larp gibt es kein IT-Zelten. Man fährt mit dem Auto aufs Gelände, sofern man denn ein Auto hat und baut sein meistens neonfarbenes OT-Zelt direkt neben dem Auto auf. Oder neben dem Auto von jemand anderem. Das ganze hat durchaus den Vorteil, dass man sich morgens in aller Ruhe in Klamotte schmeißen und das Make-Up richten kann, ohne andere zu stören, die vielleicht schon IT sind. Es hat aber für mich den ganz klaren Nachteil, das es das Spiel auseinanderreißt. Es mag nicht jedermanns Sache sein, aber ich mag 24-Intime-Cons. Ich habe auch nichts gegen eine Nachtwache oder um vier aus dem Bett geholt zu werden, weil Mannschaftsknappheit im Heilerzelt herrscht.

Der IT-Bereich ist durch dieses Arrangement logischerweise deutlich kleiner als auf deutschen Großcons. Er ist nicht unbedingt "klein", aber man merkt den Unterschied. Viele Spielergruppen schlafen zwar OT, machen sich aber trotzdem die Arbeit, ein IT-Zelt mitzubringen und dieses auch ordentlich einzurichten, sodass trotzdem ein nettes IT-Lager mit der dazugehörigen Stimmung entsteht.

Eine weitere Besonderheit des englischen Larps ist die fast vollständige Abwesenheit von NSCs. Wie zur Hölle funktionieren dann Schlachten? Ganz einfach: Es gibt zwei große Gefechte. Am Abend zuvor wird am SL-Zelt ausgehängt, welche Gruppen, oder in diesem Falle Nationen "Monster-Dienst" haben. Was bedeutet: Am Morgen können sich Spieler melden, sie werden ausgestattet mit Masken und Rüstungen und dürfen dann andere Spieler kloppen gehen. Und am nächsten Tag wird getauscht. Grundregel ist, dass nur in der Schlacht kämpfen darf, wer auch monstern war. Kein schlechtes System, wie ich finde. Es sorgt auf jeden Fall für einen großen Respekt im Kampf, denn man behandelt den anderen automatisch so, wie man selber gerne behandelt werden möchte.

Ein interessantes System gibt es außerdem beim Heilerspiel: Wird ein Charakter verwundet, in der Schlacht oder sonst irgendwie (Rituale. Rituale funktionieren niemals so, wie man will), bekommt er von einer SL eine Trauma-Karte in die Hand gedrückt. Auf dieser steht eine kurze Beschreibung der Verletzung und wie sie zugefügt wurde. Die Karten sind laminiert, bis auf eine Seite. Der Heiler, der den Verletzten behandelt, reißt diese Seite auf und sieht genau, was zu tun ist und wie viel Zeit er hat. Das macht die Kommunikation beim Heilerspiel wesentlich einfacher, zumal man einem anderen Heiler einfach die Karte unter die Nase halten kann, und führt meiner Meinung nach zu sehr gutem Spiel.

Insgesamt lässt sich für mich sagen: Englisches Larp macht Spaß. Aber es ist dann auch bei einem Mal geblieben und jetzt freue ich mich auf die deutsche Consaison ;)